Die Sängerin der in Afghanistan gegründeten Burka Band bringt es auf den Punkt:
„My prison is my room/ My life is on computer/ with nothing else to do.“
Mittlerweile lebt die Sängerin im Exil. Millionen von Frauen und Mädchen müssen weiter ausharren unter den totalitären Taliban, an die vor 2 Jahren die Herrschaft über Afghanistan übergeben wurde.
Seitdem dürfen Mädchen die Schule nur noch bis zur 6. Klasse besuchen und Frauen ist der Zugang zu Bildung und gesellschaftlicher Teilhabe nahezu unmöglich geworden.
Dazu kommt grassierende Armut. Das Welternährungsprogramm (WFP) gibt an, dass in Afghanistan aktuell 15 Millionen Menschen akut Hunger leiden, Tendenz steigend. Grundsätzlich hat dies mit den historischen Hintergründen und weltwirtschaftlichen Ungerechtigkeiten zu tun. Aber aktuell auch damit, dass Frauen kaum Möglichkeiten haben, den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder zu verdienen. Übrig bleiben überwiegend niedrig bezahlte Heimarbeitsjobs.
Eine schwierige Situation auch für die Hilfsorganisationen: Kann die Kürzung humanitärer Gelder als Druckmittel für mehr Frauenrechte funktionieren? Oder treffen die Kürzungen nicht eher die Schwächsten und tragen noch zur Verschärfung des Elends bei?
Es wird also vielfach kritisch gesehen, dem von den frauenfeindlichen Taliban beherrschten Land zu helfen. Das bedeutet jedoch, dass afghanische Frauen doppelt bestraft werden: von den Taliban und von ausbleibender Hilfe. Auch im Bundeshaushalt für 2024 sind dafür geringere Mittel geplant als im Vorjahr. Deutschlands Hilfen in Afghanistan stocken auch an anderer Front: noch immer warten Ortskräfte oder Menschenrechtler*innen, die durch die Machtübernahme der Taliban bedroht sind, auf ein Visum nach Deutschland.
Die geopolitischen Hintergründe des 20jährigen Einsatz der deutschen Streitkräfte in Afghanistan sind ein hochkomplexes und viel diskutiertes Thema. Dass vieles bei dem Einsatz schiefgelaufen ist, steht außer Frage. Welche Fehler gemacht wurden, wird seit Juli 2022 in einer Enquetekommission bestehend aus 12 Abgeordneten des Bundestages und 12 Expert*innen evaluiert. Darüber hinaus beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss mit dem katastrophalen Abzugschaos vom Sommer 2021. Auf die Ergebnisse kann man gespannt sein, allerdings werden auch sie interessengeleitet ausfallen.
Gerade zurzeit, nachdem sich der Abzug der von den USA geführten Streitkräfte zum 2. Mal gejährt hat, wird viel aus Afghanistan berichtet. Doch was lässt sich anfangen mit dem Wissen um die miserable Situation insbesondere der Frauen und Mädchen dort? Wie lässt sich die Empörung umsetzen in feministische Handlungen, die den Afghan*innen vor Ort nützen?
Diese Frage hat sich das Frauen*forum Göttingen gestellt. Es ist ein Zusammenschluss von vielfältigen Frauenorganisationen. Insbesondere werden zum Internationalen Frauentag am 08.März und zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen* am 25.11. Aktionen und Veranstaltungen durchgeführt. Ganzjährig mischt sich das Frauen*forum in öffentliche Debatten zu Genderfragen ein oder regt diese an.
So gab es bereits im November 2022 bereits eine Infoveranstaltung zum Thema Frauen in Afghanistan. Dort berichteten betroffene Frauen, die erst kürzlich ausgereist waren. Die Flucht ist allerdings nur eine Lösung für wenige. Zu wissen, dass unzählige Frauen und Mädchen keine Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben haben, wirft die Frage auf, wie sich von hier der Kampf um Gleichberechtigung unterstützen lässt.
Daher soll jetzt das Wissen ins Handeln übergehen: Das Frauen*forum Göttingen hat das bundesweite Projekt „Schulen für Afghanistan“ zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Zwei Vertreterinnen werden berichten, wie sie aktuell vor Ort agieren. Auch in Göttingen gibt es eine Kooperation einer Grundschule mit dem Projekt, die vorgestellt wird.
Die Veranstaltung „Frauen in Afghanistan- Eingesperrt in private Räume“ im Rahmen der Interkulturellen Woche zum Thema „Neue Räume“ ist verbunden mit dem Anliegen und der Hoffnung, weitere Kooperationen zu initiieren. Die mutigen Aktivist*innen in Afghanistan in können so ihrem Kampf für Frauen*- und Mädchenbildung zumindest ein wenig unterstützt werden.
Herzlich eingeladen sind alle Interessierten
Am Mittwoch, d. 27. September, 19 bis 21 Uhr
Ins Holbornsche Haus, Rote Straße 34
Für Austausch, Diskussion und die gemeinsame Suche nach Möglichkeiten, neue Räume der Aktivitäten zu erschließen.
Weiterführende Informationen sind auf der Website www.afghanistan-schulen.de zu finden. Informationen zur Schulpartnerschaft der Wilhelm-Henneberg-Schule mit der Partnerschule „Mir Said Baraka“ in Qurghan Andkhoy gibt es hier: https://www.whs-goettingen.de/konzepte/schulpartnerschaft-mit-afghanistan/index.html