Antwort der Göttinger Linken Ratsfraktion auf Einwohner*innenfrage zur Ratssitzung am 18.03.2022

Gemäß §16 der Geschäftsordnung des Stadtrates machte Markus Benesch von seinem bürgerlichen Recht Gebrauch, eine Einwohnerfrage im Rahmen der Ratssitzung am 18.03.2022 an die Fraktionen der SPD, CDU, FDP, Grünen und GöLinken zu stellen. Er bat um schriftliche Antworten.

Er führte seine Frage aus:

Im Jahre 2015 hat die Stadt Göttingen den „Klimaplan Verkehrsentwicklung“ durch den Rats-Beschluss in die Umsetzung gebracht. Ausdrückliche Zielsetzung des Beschlusses war es bis 2020 40% CO2 durch 30% weniger KFZ-Kilometer im Göttinger Straßenverkehr (im Vergleich zu 1990) zu erreichen. Nachdem sich diese Zielsetzung als gescheitert erwies haben der dafür mitverantwortliche Oberbürgermeister und seine Verwaltung ohne einen entsprechenden Auftrag des Rates den Maßstab von 2020 auf 2025 verschoben.

Als Einwohner ihrer Stadt frage ich die GöLinke-Ratsfraktion:

Für wie wahrscheinlich schätzt sie die Zielerreichung bis 2025 ein?:

· Ja, auf jeden Fall! Eher ja! Unentschieden! Eher nein! Nein, auf keinen Fall!

Welche Maßnahmen sind aus ihrer Sicht verkehrswissenschaftlich begründet überfällig, um die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung deutlich zu erhöhen?


Unsere Antwort:

Eher nein!

Die Zielerreichung bis 2025 ist sehr unwahrscheinlich.

Zur Zielerreichung müssten deutlich mehr Entscheidungen zur Begünstigung des ÖPNV, des Rad- und Fußverkehrs gefällt werden. Stattdessen hat in Göttingen immer noch der motorisierte Individualverkehr (MIV) „Vorfahrt“.

Das fängt bei den Ampelschaltungen an: Die sogenannten Bettelampeln lassen Fußgänger*innen und Radfahrer*innen sehr oft unnötig lange auf die Grünphase warten, weil sie anders als der Autoverkehr nicht automatisch, sondern nur nach Knopfdruck in die Ampelschaltungen eingetaktet werden und dann ggf. auch die offenbar sehr oft fest programmierten grünen Wellen der verschiedenen Fahrtrichtungen des MIV abwarten müssen.

Die Radwege in Göttingen sind nach wie vor nur als straßenbegleitende Strecken angelegt. Sowohl als straßenbegleitende Strecken als auch dort, wo sie unabhängig von KFZ-Straßen geführt werden, sind sie meist in schlechtem Ausbauzustand. Im Vergleich dazu kann man positiv kontrastieren, wie die Stadt Freiburg ein weiträumiges, für Fahrräder optimiertes, oft eigenständig geführtes Radwegenetz geschaffen hat, das sehr stark auch durch Berufspendler*innen genutzt wird.

Die Bedienung des Busnetzes müsste auf eine kürzere Taktung umgestellt werden, damit es nutzer*innenfreundlicher wird. Als Modellprojekt z.B. für eine 10-Minuten- statt Viertelstundentaktung bietet sich übrigens das geplante Europaquartier am Holtenser Berg an.

Positiv ist hervorzuheben, dass Ansätze eines On-Demand-Angebotes mit Minibussen, ergänzend zum Hauptlinien-ÖPNV angedacht werden.

Die Subvention des ÖPNV sollte für eine deutliche Senkung des Fahrpreises, perspektivisch für einen kostenlosen ÖPNV, gesteigert werden.


Im Übrigen ist die Messung der KFZ-Kilometer in Göttingen bisher gar nicht als solche möglich. Bisher wird lediglich mit Bundesdurchschnittszahlen gearbeitet, die auf die Kommune heruntergebrochen werden. Zum Umweltausschuss am 29. Juni 2021 reichte die Göttinger Linke eine Anfrage ein, welche Möglichkeiten zur Verkehrserfassung es gäbe. Die Antwort war, dass z.B. die vorhandenen Sensoren der Ampeln im Stadtgebiet für eine Erfassung der Anzahl durchfahrender Fahrzeuge nicht geeignet sei. Die Haushaltsbefragung, die zur Ratssitzung am 18.03.22 zum Beschluss vorliegt, ist, nachdem die vorige im Jahr 2016 stattfand, ein Element, um den Istzustand zu erfassen.
Die Firma Argus hatte für den Klimaplan 2014 ein Verkehrsmodell Göttingen (2013) errechnet, mit dessen Hilfe Fahrleistungen pro Tag und Jahr bestimmt werden könnten. Auch dies müsste ggf. aktualisiert werden.

Von Redaktion